750 Jahre Rumi

Im Herzen von Konya, Türkei, hallen die ätherischen Klänge von Rumis Versen noch immer durch die Jahrhunderte. In diesem Jahr jährt sich der Todestag des verehrten Mystikers Mevlana Jalal-ud-din Rumi, der in der Türkei als Mevlana und weltweit als Rumi bekannt ist zum 750. Mal. Tausende von Gläubigen werden, wie jedes Jahr, auf Pilgerreise nach Konya gehen, um ihren Respekt an Rumis Mausoleum zu zollen. Aber was machte Rumi zu dem großen mystischen Dichter und einer Inspiration für tanzende Derwische? Schauen wir uns einige entscheidende Ereignisse an, die sein außergewöhnliches Leben geprägt haben.

Für die neue Dauerausstellung mit zahlreichen Objekten aus Konya im Museum für Islamische Kunst haben wir Berliner aus Konya gefragt, was sie ausstellen möchten.

Die eindeutige Antwort lautete: Mevlana, der Stolz der Stadt Konya.


Die Reise nach Konya

Geboren in der Stadt Balkh, im heutigen Afghanistan, entkam Rumis Familie der drohenden Invasion der Mongolen unter Genghis Khan und wanderte mehr als 4000 km, um schließlich im 13. Jahrhundert Zuflucht in der Stadt Konya zu finden. Zu dieser Zeit war Konya eine wichtige Stadt unter der Herrschaft der Seldschuken. Der Sultan der Seldschuken begrüßte Rumis Familie. Rumis Vater, ein Intellektueller, trug zum Wachstum der Stadt bei, indem er eine Lehrtätigkeit an der Konya-Akademie übernahm, einem Zentrum für Wissen und Kultur. Rumis Migration in die Stadt Konya spielte eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von Rumis spirituellem und literarischem Erbe. Die Migration erfolgte in einer Zeit, als der Begriff "Migration" noch nicht die zeitgenössischen negativen Konnotationen hatte, die heute mit ihm in sozialen und politischen Diskursen verbunden sind.


From Balkh to finally finding refuge in Konya.

Dank Rumi wurde Konya zu einer wichtigen Pilgerstätte mit mehreren Millionen Besuchern jährlich. Rumis Geschichte verdeutlicht das Paradoxon nationaler Klassifikationen, denn er "gehört" zur Türkei, Iran (und der breiteren persischsprachigen Welt), Afghanistan... und vielleicht jetzt zur ganzen Welt. Sie dient auch als Beleg dafür, dass Migration und Innovation oft Hand in Hand gehen und oft großen Nutzen für Städte bringen. Rumis spirituelles Erbe ist inspirierend, unabhängig von der Herkunft.


Gedankenexperiment: Würde Rumi, der als Mevlana verehrt und als spiritueller Führer in der Türkei gilt, denselben Ruhm erlangen, wenn er heute aus Afghanistan migrieren würde?

Begegnung mit der Sonne von Tabriz

Rumi übernahm eine Lehrtätigkeit an der Akademie in Konya, in den Fußstapfen seines Vaters. Doch eine transformative Begegnung mit dem Sufi-Gelehrten Shams-e-Tabrizi, oft als 'Sonne von Tabriz' bezeichnet, veränderte Rumis Lebensweg. Rumi durchlief eine spirituelle Metamorphose und widmete sein Leben der Mystik. Die Poesie von Rumi basiert auf 'Liebe'. Durch die Liebe zu Gott lernen die Menschen, alles andere zu lieben, was von Gott erschaffen wurde. Die Liebe zu Gott kann als "Weg zur wahren Erfüllung im Leben" oder "das Eintauchen des Individuums in Gottes Wirklichkeit" beschrieben werden.

An Ottoman era manuscript depicting Rumi and Shams-e Tabrizi. Topkapi Palace Museum, H 1230, fol. 121a

Rumi schrieb hauptsächlich auf Persisch, verwendete jedoch gelegentlich auch Türkisch, Arabisch und Griechisch in seiner Dichtung. Sein berühmtestes Werk, 'Masnavi-ye Ma'navi (Spiritual Verses),' gilt als eines der größten Gedichte auf Persisch und dient Suchenden weltweit als spiritueller Leitfaden. Seine Verse, durchtränkt von Mystik und Liebe, überschreiten nach wie vor nationale Grenzen und ethnische Unterschiede. Seine Werke wurden in über 25 Sprachen übersetzt.

در راه طلب عاقل و دیوانه یکی است

در شیوه‌ی عشق خویش و بیگانه یکی است

آن را که شراب وصل جانان دادند

در مذهب او کعبه و بتخانه یکی است

Auf dem Pfad des Suchenden sind die Weisen und Verrückten eins.

Auf dem Weg der Liebe sind Verwandte und Fremde eins.

Derjenige, dem sie den Wein der Vereinigung mit dem Geliebten gaben,

auf seinem Weg sind die Kaaba und das Haus der Götzen eins. 

(Rumi: 53 Geheimnisse aus der Taverne der Liebe, Übersetzung von Amin Banani und Anthony A. Lee, S. 3 — Quartett 305)

Während Rumis Hingabe zum Islam als Gelehrter unbestreitbar ist, ging seine tiefgründige spirituelle Einsicht über die Grenzen enger konfessioneller Perspektiven hinaus. 

The Mathnawî of Mevlâna (1278) ; Ritual Hall (Semahane); Mevlâna mausoleum; Konya, Turkey

Geburt einer neuen Mystik


Nach seinem Tod im Jahr 1273 wurde sein Mausoleum zur Heimat des Mevlevi-Ordens und seiner tanzenden Derwische. Die Grabstätte von Mevlana Rumi ist eine klosterähnliche Anlage und dient seit 1923 auch als Museum. Im zentralen "Haus des Lauschens" (sema-chane) "tanzen" die Derwische. Das Ziel des Trancedances, bekannt als Sema, ist es, sich selbst als Individuum zu vergessen und sich in die göttliche Wahrheit zu vereinen. Auf den Klang der Rohrflöte (ney) beginnen sich die Derwische zu drehen, wobei die rechte Hand gen Himmel und die linke gen Erde zeigt und als Vermittler der göttlichen Liebe dient. Die Inschrift auf dem Leuchter betont dies: "Die Geliebte und der Tanz und die Ekstase beim Klang der Flöte sind so wertvoll wie die Herrschaft über die Welt." Leuchter, Türkei, Mitte des 13. Jahrhunderts, Inv. 3577, Spende Sarre. Der Mevlevi-Sufi-Orden erstreckt sich weit über die heutige Türkei hinaus.


Heute ist die grüne Kuppel des Mausoleums (Kubbe-e Hadra) eines der Symbole der Stadt Konya. Jedes Jahr am 17. Dezember wird der Tod des großen Gelehrten Mevlana Rumi mit dem Şeb-i Arus-Festival gefeiert, der "Hochzeitsnacht", in der die Gläubigen sich mit Gott vereinen.





Candlestick, Turkey, mid-13th century, Inv. 3577, Donation Sarre. Credit: Museum für Islamische Kunst / Johannes Kramer

Höchste Kunstfertigkeit für die Heilige Schrift

Einer der talentiertesten Künstler in Konya, Abd al-Wahid ibn Sulayman, fertigte dieses spektakuläre Lesepult für den Quran an. Die zarten, aber voluminösen Schnitzereien sind einzigartig und machen dieses Objekt zu einem der schönsten Meisterwerke seiner Art.

Meister Abd al-Wahid, dessen Signatur an einem der Scharniere verborgen ist, war auch am Bau des hölzernen Grabmals des großen Dichters und Mystikers Mevlana Rumi um 1273 beteiligt.

















Quran Stand. Credit: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Islamische Kunst / Johannes Kramer