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Unsere Teammitglieder verraten welche ihre Lieblingsobjekte sind und welche persönliche Verbindung sie dazu haben. Wir nehmen Dich mit auf einen ganz persönlichen Rundgang durch die Sammlung des Museums für Islamische Kunst.
Ich liebe jedes einzelne Detail der wunderbar bemalten Wandvertäfelung aus Aleppo, aber den Vogel Simurgh mag ich ganz besonders. In der persischen Mythologie gilt er als König der Vögel und hat übernatürliche Kräfte. Im Laufe der letzten 400 Jahre hatte der zauberhaft gemalte Simurgh kleine Schäden bekommen. Einige Farbschollen waren abgeplatzt, er sah ein wenig zerzaust aus. Während der Restaurierung habe ich die winzigen Fehlstellen mit Aquarellfarbe aufgefüllt, und es fühlte sich während meiner Arbeit mit dem feinen Pinsel so an, als würde er sich unter meinen Händen wieder mit Leben füllen und plötzlich die Flügel ausbreiten. Das Blau seines Körpers ist mit gemahlenem Lapislazuli gemalt, das damals ähnlich teuer wie Gold war.
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Die saftigen, prallen, herbsüßen Fruchtfleischkapseln des Granatapfels haben als Superfood die kulinarische Welt erobert. Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts entzückte der Granatapfel. Das Fruchtbarkeitssymbol zierte Seiden, Samte und auch Teller. Unseren Keramikteller schmücken sechs große Granatäpfel. Entgegen des feurigen Rot, für das der Granatapfel bekannt ist, sind diese Früchte in olivgrün, türkis- und dunkelblau gehalten. Überraschend – doch das Bolusrot, ein eisenhaltiges Erdpigment, für das die Keramik von Iznik weltweit berühmt ist, war zu dieser Zeit noch nicht erfunden. Dies geschah wenige Jahrzehnte später. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts eroberte das Bolusrot von Iznik mit seinem charakteristischen Relief den Markt und revolutionierte die Farbskala nachhaltig. Die Farbe Rot hat bis heute ihren Reiz nicht verloren, dies sehen wir insbesondere in der Advents- und Weihnachtszeit.
Im Jahr 1990 wohnte ich ein halbes Jahr in einem schlichten, kleineren Hofhaus im Damaszener Viertel Bab Touma und lernte auch weitere Häuser in der Nachbarschaft von innen kennen und lieben. Viele Jahre später beschloss ich, eine Posterausstellung über die städtische und ländliche Wohnarchitektur Syriens zu machen. Zur Recherche über städtische Wohnhäuser unternahm ich einen Survey mit dem Fotografen Ikhlas Abbis, der uns auch in wohlhabendere Hofhäuser in Damaskus und Aleppo führte. Endlich konnte ich auch die großen, repräsentativen Häuser und Höfe von innen sehen, bewundern und fotografieren! Die Ausstellung wurde 2008 im Goethe-Institut in Damaskus und in der Shaibani-Schule in Aleppo gezeigt.
Einen zweiten Ausdruck der Poster brachte ich nach Berlin und erhielt die Gelegenheit sie mit Museumsobjekten des Museums für Islamische Kunst zu verbinden. Unter dem Titel „Wohnwelten: Gewebte Gärten und gemalte Blumen - paradiesische Innenansichten syrischer Hofhäuser“ eröffneten wir die Ausstellung am 17.12.2009. Bei jedem Gang durch das Museum erinnerte mich die Damaskusnische an die üppige Ausstattung wohlhabender syrischer Hofhäuser und ich verglich sie in Gedanken mit den schlichten Nischen einfacher Häuser und wie diese benutzt werden. Darin finden dank der eingezogenen Regalböden Vasen und andere repräsentative Gegenstände ihren Platz.
Die Vase ist eines meiner Lieblingsobjekte, weil sie mich an ein Kinderbuch erinnert, das ich hatte. Ein Bild zeigte ein kleines Mädchen mit einem bunten Anzug in einem Sessel, der mit demselben bunten Stoff bezogen war. Man sah nur ihr Gesicht. Ich stelle mir vor, dass die Vase in einem Raum stand, der mit Sechseck-Fliesen verkleidet war. Mit ihrem Muster aus Sechsecken wurde sie darin fast unsichtbar. Das nennt man Mimikry.
"Dieser Teppich, der zu den ersten Teppichen des Museums für Islamische Kunst gehörte, wurde durch einen Bombentreffer 1945 schwer beschädigt.
Ich stelle mir vor, dass diese sinnstiftende Arbeit auch ihr beim Überleben geholfen hat."
Ich bin begeistert von der künstlerischen Qualität dieser Lampe, den feinen Ornamenten und der Kalligraphie in Blau und Weiß. Lampen wie diese hingen in religiösen Gebäuden, insbesondere unter Moscheekuppeln. Sie hat drei geschwungene Ösen, an denen Ketten zur Aufhängung befestigt waren. Um diese Hängung zu simulieren, haben wir Schnüre an ihnen befestigt. Die Lampe wird aber nicht von diesen getragen, das wäre viel zu riskant. Sie sitzt vielmehr auf einem Ring, der an der Rückseite der Vitrine befestigt ist. Wenn man von vorne schaut entsteht die perfekte Illusion einer hängenden Lampe.
Der turkmenische Turbanhelm aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. zeigt viele Besonderheiten erst bei näherer Betrachtung:
Die Buchstaben und floralen Muster bestehen aus Tauschierungen mit Silberdrähten. Bis zu 20 feine tordierte Silberdrähtchen wurden in die gravierten Vertiefungen eingehämmert, um die ganze Fläche auszufüllen. Die dazwischenliegenden vergoldeten Flächen weisen feine ovale Punzierungen auf, sodass die Vielfarbigkeit durch die Textur und die Farbe des Metalls erzeugt wurde. Um den Kontrast zu verstärken wurde das Eisen hier brüniert, also geschwärzt.
Diese Keramikschale ist mitnichten so spektakulär, wie manche der Großobjekte in unserer Sammlung. Stattdessen fühle ich mich zu diesem Objekt dadurch hingezogen, dass es einfach ganz entzückend ist. Das elegante Schwarz-Weiß-Design und die abstrakte Darstellung der Tauben schaffen ein Motiv, dass heute noch genauso formschön ist, wie im 11. Jahrhundert. Durch die ausgewogenen Proportionen könnte ich diese Schale stundenlang betrachten und freue mich schon jetzt, die Schale zur Wiedereröffnung der Ausstellung wiederzusehen.
Jede Fliese der sog. Konya-Nische hat eine individuelle Form und passt nur an eine einzige Stelle. Selbst die kunstvolle Ornamentik und Kalligraphie sind nicht etwa aufgemalt, sondern entstehen aus verschiedenfarbigen Fliesenfragmenten. Diese handwerkliche Leistung fasziniert mich!
Erst auf den zweiten Blick erkennen wir auch auf dem Rand der Nische stilisierte Schriftzeichen, die Koranverse zitieren. Das ikonische Türkis der Nische hat uns übrigens bei der Farbauswahl für das Online-Portal ISLAMIC·ART inspiriert.
Der Aquamanile in unserer Sammlung islamischer Kunst ist für mich besonders herausragend, da er so selten ist. Die Entdeckung eines Aquamanile, einer Form, die im mittelalterlichen christlichen Europa so beliebt war, im Irak des 8. Jahrhunderts gleicht der Enthüllung eines historischen Treffpunkts, an dem verschiedene Zivilisationen aufeinander trafen. Mir gefällt, dass es diesen interessanten Austausch künstlerischer Impulse zwischen verschiedenen Kulturen repräsentiert. Die Tatsache, dass es in der islamischen Kunst so ungewöhnlich ist, macht es noch spezieller. Für mich ist dieser Aquamanile nicht nur ein Objekt in unserer Sammlung; es ist ein Geschichtenerzähler, der Verbindungen zwischen Kulturen herstellt.
Denn bei meinem Lieblingsobjekt handelt sich um die Kuppeldecke aus dem Aussichtsturm eines frühen Palastes der Alhambra, dem sogenannten „Torre de las Damas“. Ganz so bezaubernd ist der Blick in unserem Museum natürlich nicht. Dennoch schätze ich mich glücklich, diese Meisterleistung der Holzbaukunst aus dem frühen 14. Jahrhundert als Restauratorin betreuen zu dürfen. Mich begeistert, wie perfekt sie aus hunderten von kunstvoll geschnitzten und teilweise farbig bemalten Einzelteilen zu einem wunderschönen Flechtwerk zusammengesetzt wurde.
Zudem hat die Kuppel eine bewegte und spannende Objektgeschichte hinter sich, bis sie vom Museum erworben wurde. Sie hat bisher sieben Umzüge erlebt und gut überdauert und wird nun für ihren hoffentlich letzten Standortwechsel in unsere Neue Dauerausstellung im Nordflügel abgebaut und restauriert. Dort wird künftig mehr über ihre Geschichte zu erfahren sein und ihre ursprüngliche Einbausituation noch anschaulicher präsentiert werden.
Diese Schattenspielfigur ist in der Museumssammlung etwas ganz Besonderes. Sie besteht aus Leder und ist mehrere hundert Jahre alt. Nur wenige solcher Objekte sind überhaupt erhalten geblieben. Außerdem zeugt sie von einer langen und alten performativen Kultur. Schattenspieltheater und Geschichtenerzählen sind in vielen islamischen Kulturen weit verbreitet gewesen, teilweise bis heute. Ich denke beim Betrachten dieser Figur immer an die vielen Menschen, die in den Vorführungen große Freude und Zerstreuung empfunden haben müssen.
Ich habe kein bestimmtes Lieblingsobjekt, weil fast jedes Objekt im Museum eine Vielzahl von Geschichten bietet, die die reiche intellektuelle und kulturelle Tradition vermitteln, die sein Aussehen und seine Herstellung beeinflussen. Die Idee, dass visuelle und materielle Objekte einen Reichtum an historischem, sozialem und intellektuellem Inhalt tragen können, begeistert mich.
Besonders vermissen werde ich jedoch I. 1996.2 - eine kleine Glanzschale, verziert mit einem Band von sich verschlingenden Schlangen, deren geöffnete Münder sich wiederholt spiegeln. Sie enthält auch einen noch nicht identifizierten fragmentarischen poetischen Vers, einen halben Vers des persischen Dichters Sanā’i aus "Hadiqat al-Haqia wa Shari’at al-Tariqa" (Der ummauerte Garten der Wahrheit) und ein Rubā’ī (Vierzeiler) von Nizami Ganjavi (gest. 1209). Ich denke oft darüber nach, was die Kombination von Bildern, Materialität und Text vermitteln kann.
Die Sammlung des Museums für Islamische Kunst beinhaltet viele spannende Objekte, aber auch unsere Fachbibliothek hält so einige Schätze bereit! Wichtige Quellen für unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung der Sammlung sind zum Beispiel historische Ausstellungskataloge. In unserer Bibliothek, die in Präsenz zugänglich ist, befinden sich Bestands- und Ausstellungskataloge von frühen Museumstagen bis heute. Nicht zuletzt durch komplexe Bewegungen während der beiden Weltkriege, der deutschen Teilung und Wiedervereinigung haben Objekte vielschichtige Biographien erworben. Neben kunsthistorischer und konservatorischer Betreuung gehört daher auch die Erforschung von Herkunfts- und Transferkontexten zur alltäglichen Museumsarbeit. Historische Kataloge sind oft ein hilfreicher Ausgangspunkt hierfür.
Diese kleine Glasfliese ist für mich ein Highlight: ähnlich wie bei den Teppichen sind es die leuchtenden Farben und die Kleinteiligkeit des Musters, die mich gefangen nehmen. Aber was mich wirklich fasziniert ist der Kontrast zwischen den warmen Farben und der kühlen, glatte Oberfläche. Gerne würde ich die Fliese gegen das Licht halten, um mich im Farbenspiel zu verlieren.
In Verbindung mit der Ausleihe der Alhambra-Kuppel an das Metropolitan Museum of Art in New York 1992 konnte ich zum ersten Mal nach Hawaiʻi reisen. Deshalb zeige ich beim Abschied von der Kuppel im Südflügel des Pergamonmuseums die „Shaka-Geste“.
"Diese große Vase aus dem Besitz der Sammlung Ludwig ist ein beeindruckendes Prunkgefäß, das erst bei genauerer Betrachtung seine Geheimnisse offenbart.
Die Vase besteht aus drei verschiedenen Teilen. Ein Drittel ist das Original aus dem Iran des 13. Jahrhunderts, ein Drittel ist eine Nachschöpfung in Keramik aus dem 19. Jahrhundert und ein Drittel ist unsere Restaurierung aus dem letzten Jahr. Die Summe dieser Drittel ist mehr als die Einzelteile, nämlich eine tolle Vase."
Hier geht's zum Video der Restaurierung ->