Das Museum für Islamische Kunst digitalisierte im letzten Jahr die Glas- und Kunststoffnegative sowie Diapositive der zwei Ausgrabungskampagnen des Museums in Samarra (heute: Irak) in den Jahren 1911-13.
In der Ausstellung Samarra Revisited wurden nun erstmals alle ca. 1.500 erhaltenen Aufnahmen zugänglich gemacht. Selbst den Museumsmitarbeiter:innen war der Bestand daher nicht vollständig bekannt.
So entstand die Idee, jetzige und ehemalige Mitarbeiter:innen zu bitten, sich die Digitalisate einmal genauer anzuschauen. 24 Teilnehmende wählten fünf Aufnahmen aus Samarra, die Berührungspunkte zu ihren Arbeitsgebieten haben. Das jeweilige kommentierte „Lieblingsfoto“ finden Sie als Digitaldruck in der Ausstellung. Alle weiteren ausgewählten Digitalisate und die Begründung für deren Wahl sind in der Medienstation abrufbar.
Diese Auswahl zeigt das breite Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten von Grabungsfotografien: Sie helfen Archäolog:innen und Provenienzforscher:innen, Funde zu verorten - ERFORSCHEN. Sie zeigen, dass sich Grabungsfotograf:innen früher wie heute bemühen, einen Abgleich ihrer Aufnahme mit dem Original zu erlauben - ABGLEICHEN. Da die fotografierten Fundsituationen durch die Ausgrabungsarbeiten für immer verloren gehen, ist die Bedeutung der Fotografie nicht zu unterschätzen! Die Fotos dienen aber auch als Anknüpfungspunkte an aktuelle gesellschaftliche Diskurse - HINTERFRAGEN. Sie erfreuen und inspirieren - FREUEN. Nicht zuletzt dokumentieren die hier gezeigten Fotos einen herausragenden Fundplatz der islamischen Archäologie, der bis heute nichts an seinem Reiz eingebüßt hat - VERORTEN.
"Ich habe mir ein Bild vom Fluss ausgesucht. In den Quellen wird die Bedeutung des Tigris als Transportweg für Samarra für Waren und Personen, bis hin zu Vergnügungstouren, lebendig. Das finde ich faszinierend. Zugleich ist das in Herzfelds Zeiten noch so."
"Ich habe mir Bilder ausgesucht, die mit dem Fluss zu tun haben. In den Quellen wird die Bedeutung des Tigris als Transportweg für Samarra für Waren und Personen, bis hin zu Vergnügungstouren, lebendig. Das finde ich faszinierend. Zugleich war das in Herzfelds Zeiten noch so. Sogar die Wandmalereien spiegeln die Fauna des Flusses."
"Dieses Bild zeigt Einwohner von Samarra vor der Stadtmauer und den Askar-Heiligtümern, die zu den wichtigsten schiitischen Pilgerorten zählen. Anschläge zerstörten 2006 und 2007 Kuppeln und Minarette. Sie wurden restauriert und sind jetzt wieder zugänglich."
"Herzfeld hat neben der Ausgrabung auch die Architektur Samarras festgehalten, die Landschaft sowie den Grabungsalltag, der gerade für heutige Besucher großen Reiz besitzt. Darüber hinaus bewahren die Fotos eine längst verlorene Zeit."
"Aus dieser Perspektive kann man sich Samarra fast intakt vorstellen: die Straßenzüge, Häuser und Plätze, in denen einst reges Treiben herrschte. Die Ausmaße machen einem bewusst, welche Herausforderung es war – und bis heute ist, sie zu erschließen."
"Was mich momentan in Bezug auf die Grabung von Samarra beschäftigt, ist ihre Erschließung. Auf der einen Seite steht die Erschließung Samarras vor Ort, vor der sich Sarre, Herzfeld und ihr Team fanden: teils unwegsame Gegebenheiten, die schiere Größe und Komplexität der Ausgrabungsstätte, die Masse an Grabungsfunden und die Logistik für deren Transport, die Kommunikation mit den zuständigen Behörden. Auf der anderen Seite folgt für mich nun die Erschließung der Grabungsdokumentation im Archiv."
"Hier sieht man die Grabungsarbeiten im Vordergrund und am Horizont die Große Moschee mit dem Spiralminarett sowie die moderne Stadt Samarra. Die Aufnahme vermittelt uns etwas von der Größe des Stadtgebietes in abbasidischer Zeit."
"Ein Tagesbesuch in Samarra im Oktober 1970 zeigte mir, dass die Orientierungspunkte in dem flachen Stadtgebiet auf der Ostseite des Tigris die moderne Stadt Samarra mit ihrer schiitischen Grabmoschee und die nahegelegene Große Moschee der historischen Stadt mit ihrer festungsartigen Umfassungsmauer und dem Malwiyya genannten spiralförmigen Minarett waren. Auf Anordnung des Kalifen sollte das Spiralminarett auf dem höchsten Geländepunkt von Samarra liegen, um im Umkreis von einer Tagesreise sichtbar zu sein."
"Das durchbrochene Mauerwerk ein Rahmen, der zum Fokus wird, in der Ferne fällt der Blick auf das Minarett von Samarra...
Wer war wohl der Mann, der auf dem Bild zu sehen ist? Das zurückgesetzte Motiv zieht mich als Betrachter in die Szenerie hinein."
"Farbschleier, Wüstensand, Porträts und Detailaufnahmen wechseln sich mit Arbeitsszenen und weiten Perspektiven ab. Handschriftliche Notizen lassen Persönlichkeit aufblitzen. Diese Auswahl ist für mich ein Versuch, die damalige Atmosphäre der Grabung einzufangen."