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Dies ist ein Fragment des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Teppichs.
Mit dem Fragment folgen wir der Reise der Besitzer:innen und ihrer Collabs. Sie entdecken und experimentieren mit gesellschaftlich relevanten Themen, die sie auf kreative Weise vorantreiben.
Hier stellen wir Euch das Fragment vor, so wie wir es auf seine dreieinhalbjährige Reise schicken.
Folg dieser Story und erleb die Transformation des Fragments im Laufe der Jahre...
Es ist mir eine Ehre und ein Privileg, diese Nominierung von meiner lieben Freundin Eiko Takahashi anzunehmen, die seit fast 15 Jahren unermüdlich auf der Suche nach wohltuenden, nahrhaften Aromen und Geschmäckern ist. Sie zelebriert und schätzt die gastronomischen Beiträge aus aller Welt. Sie ist das Umami in meinem Leben.
Ich bin eine weißrussisch-ukrainisch-holländische Weltenbummlerin, die sich von Menschen inspirieren lässt und ihre Träume nicht aufschiebt. Da ich in den letzten drei Jahrzehnten in sieben Ländern gelebt habe, ist die Zusammenarbeit ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens geworden. Sie geht über das Eintauchen in die Kultur und die Wertschätzung hinaus; sie ist ein menschlicher Urinstinkt, der durch Empathie und Mitgefühl geweckt wird. Ob ich nun Sammlungen für die Erdbebenhilfe in Sichuan/China durchführe, mit meinem palästinensischen Freund Spenden für palästinensische Zwecke sammle oder mit meinem jüdischen argentinischen Freund Hilfe für ukrainische Flüchtlinge in Europa leiste. Zusammenarbeit darf nicht vorurteilsbeladen, rassistisch oder durch die soziale Pyramide verzerrt sein.
Die beiden Originalgedichte sind in englischer Sprache verfasst.
I do believe that One is many—
Roles, facets, and identities at once.
I do believe that One is not alone—
Accompanied by thoughts, deeds, friends.
I do believe that One’s otherness
Should bridge, not fortify estrangement.
I do believe that One’s silence
Should give voice to many.
I do believe One’s plight
Is one of many who have yet to learn to fight.
I do believe that One is so many exceptional
and vital stories, a rich tapestry of our lands.
Life isn’t black and white—
But a weave of multi-coloured truths.
A tinge of earthy brown, held tight,
Roots us where our stories first began.
A shade of grey existence
Dilutes well with the touch of pink,
Forms quiet strength and firm persistence.
From calm resolve, a crimson flare—
Rich red’s not just an alarm but a poise,
A warning to refocus, mend the way,
Or wander off if that’s your only option.
A hue of blue, a whispered sigh,
Betrays a heart where sorrow lies.
Bring yellow in for joy anew
And flourish in the lavish greenness.
You turn the wheel which way you want
Manipulating space and temporal perception
Whitewashing, dyeing, mixing, matching.
Yet still, the pallet holds its sway:
With all its tints and tones,
We find and celebrate the vibrancy of all origins.
Als ich über kulturelle Vielfalt sprach - Reisen und persönliche Verbindungen haben meine Weltanschauung geprägt und mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin.
Ich habe von Julia aus Berlin ganz unerwartet einen Teppich Nr. 49/100 erhalten, in dem Zen-Glaubenssätze und -Praktiken vermittelt werden. Ich bin vor kurzem von Deutschland nach Spanien umgezogen. Ihre beigefügten Briefe hatten die gleiche Wärme wie der Teppich, und ihn zu berühren machte mich so dankbar und ruhig. Ich benutzte ihn für meine Zazen-Meditation und schrieb 坐禅(Zazen) in japanischer Kalligraphie - Shodo auf seine Rückseite.
Für dieses Projekt kam mir Natalia Timmerman in den Sinn, eine Schriftstellerin und Mutter von 3 Jungen. Wir haben uns vor mehr als 10 Jahren in Shanghai kennengelernt, aber ich konnte sie und ihre Familie in Moskau besuchen und wir haben uns in Europa wiedergetroffen, als wir alle zurück in die Niederlande und nach Deutschland kamen. Sie inspiriert mich besonders mit ihrer Weltanschauung und Großzügigkeit. Sie ist realistisch, aber extrem freundlich. Sie ist so nachsichtig, aber kritisch, wenn es um etwas wirklich Wichtiges geht. Sie hat die Gabe und das Talent, ihre Gedanken in schöne und verständliche Worte zu fassen (im Gegensatz zu mir...). Mit so viel Respekt und Dankbarkeit, dass ich meine Geschichte der kulturellen Vielfalt erzählen darf, danke ich ihr und den Menschen, die mir helfen, mich der Welt zu öffnen und mich zu meinem Ziel, meine Kultur zu teilen, antreiben.
Ich war gerade in der Nähe und hatte wohl nichts Besseres zu tun. So, könnte man sagen, wurde ich Teil von CulturalxCollabs, einem Projekt rund um einen verbrannten, restaurierten und schließlich nachgewebten Teppich aus dem 17. Jahrhundert. In meinem Beruf als Archivarin engagiere ich mich dafür, dass unsere Geschichte in ferner Zukunft wahrheitsgemäß erzählt werden kann. Und nun soll ich selbst eine Geschichte erzählen. Nur wo fange ich an?
Unsere erste Begegnung. Der Doppelgänger des kaukasischen Drachenteppichs lag auf einem Arbeitstisch in der Textilwerkstatt des Archäologischen Zentrums und ließ alles andere im Raum – mich eingeschlossen – klein wirken. Höchst ungewöhnlich für diesen Ort, durfte man ihn nach Belieben anfassen, während meine Kollegin mir bei einer Tasse Tee von seiner anstehenden Reise um die Welt in 100 Teilen erzählte. Angenehm überrascht von dieser frischen Idee fragte ich mich, was mich und diesen alten, neuen Teppich verbinden könnte. In zweifacher Hinsicht fühlte ich mich an das Nähen von Gewändern im Zen-Buddhismus erinnert, eine Tradition, mit der ich selbst schon in Berührung gekommen bin. Einfach ausgedrückt zerschneidet man auch dabei ein rechteckiges Stück Stoff in Streifen, setzt diese anschließend so wieder zusammen, dass die Einzelteile sichtbar bleiben, und trägt sie fortan, versehen mit einem Rahmen und Trägern aus dem gleichen Stoff, zum Beispiel beim Meditieren um den Hals. Das so genannte Rakusu symbolisiert eine Miniatur der Robe Buddhas. Zen-Praktizierende auf der ganzen Welt folgen seit vielen Jahrhunderten genauen Anweisungen, um es von Hand zu nähen. Anlass können das Ablegen der Laiengelübde oder die Priester:innenordination sein, aber bleiben wir erst einmal beim Nähen, denn der Weg ist dabei das Ziel. Als Teil einer Gemeinschaft von Zen-Praktizierenden kann man sich mit anderen zusammentun, um das Geheimnis, wie die Stücke wieder zusammengesetzt werden, gemeinsam zu entschlüsseln. Heute helfen dabei manchmal sogar Videokonferenzen, aber am Ende bleibt das Nähen eine radikal analoge Kulturtechnik. Manchmal kommt bei der Handarbeit der Geist zur Ruhe, in der unmittelbaren Erfahrung von Material und Moment. Dann aber werden die Stiche ungleich, das Garn war zu kurz, die Nadel pikst in den Finger … und auch das kann eine Form der Begegnung mit sich selbst sein.
Während ich das Teppichfragment bei mir habe, möchte ich an einem Rakusu aus einem Stoff mit dem Motiv des Drachenteppichs nähen. Zugleich achte ich etwas genauer darauf, wie sich Kulturen in meinem Leben begegnen und verflechten. Am Ende möchte ich zwei Fragmente weitergeben, nämlich #49/100 des Drachenteppich-Doppelgängers und #1/1 eines Drachenteppich-Rakusus – in der Hoffnung, jemand auf der anderen Seite der Welt nimmt den Faden auf.
Die erste Person, die mir als Beispiel für außergewöhnliche „cultural collabs“ in meinem Umfeld einfiel, war mein Freund Zaher. Wie viele andere hat er Syrien 2015 verlassen und macht gerade in Potsdam seinen Master in Computerlinguistik. Zaher verbindet in seinem Social-Media-Kanal „Zen in Arabic“ seine Muttersprache Arabisch mit buddhistischer Praxis. Dort teilt er Videos, in denen es um Texte des Zen-Buddhismus geht, die wie der Drachenteppich teils viele hundert Jahre alt sind. Den Anfang machte 2020 eine Übersetzung des wohl bekanntesten Sutras des Zen – des Herzsutras – ins Arabische. Für CulturalxCollabs hat Zaher das Herzsutra nun auf Arabisch rezitiert und visuell mit Fragment #49 verbunden. Das Ergebnis hört und seht Ihr hier - oder natürlich bei "Zen in Arabic".
Bei genauerem Hinsehen hat die Textform des Sutras etwas mit dem Drachenteppich und seiner Reise um die Welt gemein. In der altindischen Sprache Sanskrit bedeutet Sutra „Faden“ oder „Kette“. Vom Ursprungsland des Buddhismus, Indien, reiste das Herzsutra mündlich weitergegeben nach China und erreichte schließlich Japan. Es spannte dabei bildlich gesprochen Fäden von Ohr zu Ohr, aus denen Netzwerke wurden und schließlich ein komplexes Gewebe – die zahlreichen Facetten buddhistischer Praxis. Auch heute noch wird das Herz-Sutra jedoch weltweit fast immer auf Altjapanisch rezitiert. Man könnte sagen, Menschen aller Muttersprachen realisieren dabei einen dem historischen Buddha zugeschriebenen Ratschlag: im Hören ist dann nur das Hören. Wenn nun Zaher das Herzsutra auf Arabisch rezitiert, dann höre ich, verstehe nichts, höre aber zugleich jemand, der sich versteht. Dies wertschätzen zu können, hat für mich etwas mit Zen-Praxis zu tun.
Im November habe ich hier über meine Projekt, ein Rakusu zu nähen berichtet. Nun liegt Winter über der Stadt. Diese Zeit erinnert mich immer an eine Empfehlung des Begründer von Zen-Praxis, Dogen Zenji: Trete einen Schritt zurück und richte das Licht auf dich selbst. Die Zeit, in der es draußen früh dunkel wird, habe ich in diesem Jahr genutzt, um für CulturalxCollabs den kaukasischen Drachenteppich in ein buddhistisches Rakusu zu verwandeln.
...bin ich dabei der Nähanleitung des San Francisco Zen Center gefolgt. Man sagt, auch ein Sesshin, wie einen Meditations-Retreat im Zen genannt wird, bedeutet, ganz einfach dem Plan zu folgen. Und ganz konkret und praktisch ist dabei ein Ablaufplan gemeint, der den Tag ziemlich genau gliedert. Auch beim Nähen vergisst man so, wenn man offen dafür ist, sich selbst und die Welt um einen herum für eine Weile und der Geist kehrt danach erfrischt in in den Alltag zurück.
...ist trotz präzisen Vorgaben ein Produkt des Zufalls, der die Formen von erhaltenen bunten und verbrannten weißen Partien des Teppichs frei und kreativ neu angeordnet hat.
Die Kalligraphie auf der Rückseite „Once you grasp the heart of Zen, you are like a Dragon gaining the water“ stammt aus einem zentralen Text des Begründers des Zen, Dogen Zenji, aus dem 13. Jahrhundert. Er lud damit alle Menschen, unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft ein, miteinander den friedlichen Geist des Zen zu entdecken. Nun richte ich meinen Blick wieder auf die Welt, die mich umgibt, und bereite die nächste Reise von Fragment #49 vor.
Das Projekt des Museums für Islamische Kunst "CulturalxCollabs - Weaving the Future" feiert die transformative Kraft des kulturellen Austauschs und die gesellschaftlichen Verflechtungen, die uns alle vereinen. Alles, was wir lieben, geliebt haben und jemals lieben werden, stammt aus kulturellem Austausch, Migration und Vielfalt, oder wie wir es gerne nennen, #CulturalxCollabs.
100 Teppichfragmente, aus einer Replik des ikonischen Drachenteppichs geschnitten, werden die Welt bereisen (unterwegs mit DHL). Mit Hilfe der Collab-er werden die Fragmente #CulturalxCollabs bereichern, menschlichen Einfallsreichtum inspirieren, Gemeinschaft fördern und letztendlich zeigen, wie kultureller Austausch all unsere Leben bereichert.
Folg #CulturalxCollabs auf Instagram und erleb wie sich das Projekt entfaltet...
Begleite uns auf eine Reise mit 100 Teppichfragmenten, die dreieinhalb Jahre lang rund um die Welt reisen, vorübergehende Zuhause finden und dabei kulturelle Grenzen überbrücken. Vereint durch die Kraft persönlicher Geschichten fördern die Fragmente eine weltweite Gemeinschaft.
"CulturalxCollabs - Weaving the Future" - 1 Projekt, 100 Teppichfragmente. Folge ihrer Reise mit den immer wieder wechselnden Besitzer:innen innerhalb der nächsten 3,5 Jahre.
Ein kaukasischer Drachenteppich aus dem 17. Jh. - der Star des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Projekts. Aber wo ist der Drachen eigentlich?