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Dies ist ein Fragment des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Teppichs.
Mit dem Fragment folgen wir der Reise der Besitzer:innen und ihrer Collabs. Sie entdecken und experimentieren mit gesellschaftlich relevanten Themen, die sie auf kreative Weise vorantreiben.
Hier stellen wir Euch das Fragment vor, so wie wir es auf seine dreieinhalbjährige Reise schicken.
Folg dieser Story und erleb die Transformation des Fragments im Laufe der Jahre...
Am 4. Juni 2024 brachte die Post das Fragment #8/100 der Replik des Drachenteppichs aus dem Projekt CulturalxCollabs. Nun liegt der kleine Teppich in meinem Zimmer in Gottsdorf, im Süden des Landkreises Teltow-Fläming in Brandenburg.
Der Ursprung des Drachenteppichs liegt in islamisch geprägten Ländern. Mich fasziniert die islamisch geprägte Kunst seit langem. Vielleicht hat das mit der vielfältigen und oft farbenfrohen Ornamentik zu tun. Außerdem liebe ich die Musik Vorder- und Mittelasiens sehr, vor allem begeistern mich immer wieder die verschiedenen Trommeln, allen voran die Tombak. Die Tombak gilt in Persien als die Königin der Trommeln. Ich schätze sie besonders, weil sich auf ihr so vielfältige Klänge spielen lassen. Zum Trommeln sitze ich auf einem Hocker, nun liegt der Teppich dort und ich sitze darauf, wenn ich Tombak spiele. Damit verbindet sich für mich der aus dem islamischen Kultur-Raum stammende Drachenteppich mit der persischen Trommel. Mir scheint das für den Anfang gut zu passen.
Als ich den Teppich auspackte, waren gerade zwei Nachbarn bei mir. Wir hatten am Abend miteinander ein wenig Chi Gong geübt. Ich habe versucht, ihnen die spannende Geschichte des Drachenteppichs zu erzählen, aber es hat sie nicht besonders interessiert. Ich bin ein wenig enttäuscht und auch überrascht - meine Begeisterung zu vermitteln ist offenbar nicht ganz so einfach, wie ich dachte. Dennoch, ich werde mir noch andere Gesprächspartner:innen suchen.
In meiner Begeisterung für das dachte ich ja zuerst, es wäre nicht schwer, meine Begeisterung zu teilen. Aber die Idee ist offenbar für viele Menschen doch 'ein bisschen verrückt'. Den Gedanken, dass sich über diese schöne Idee nur in einer 'kleinen Blase' Kunst- und Kulturinteressierter ernsthaft sprechen ließe, will ich noch nicht wahrhaben. Aber ich höre: was für ein Wahnsinn, so eine großartige Arbeit - die Replik des Teppichs - in schwerer Handarbeit herstellen zu lassen, nur um das Stück sofort zu zerstückeln, wie kann man so etwas verantworten, angesichts der Arbeitsbedingungen von (nur) Frauen. Ich erläutere, dass an der Produktion auch Männer beteiligt waren. Ja, der Gedanke ignoriert, dass es also offenbar eine klare Arbeitsteilung bei der Herstellung gibt (auch das erscheint schon wieder problematisch) ... es ist nicht einfach.
Seit einigen Wochen versuche ich in verschiedenen Situationen, das Teppichfragment zu zeigen und ins Gespräch zu bringen. Für mich ist er so zum "fliegenden Teppich" geworden. Dieser Tage war ich in der Prignitz bei einer guten Freundin. Die geborene Schweizerin - ich nenne sie hier A. - kam vor vielen Jahren ins Berlin der damaligen 'Studentenrevolte' und ist vor einigen Jahre im Nordwesten von Berlin aufs Land gezogen. Sie hat lange mit sehr verschiedenen Menschen intensiv psychologisch gearbeitet und ist eine der neugierigsten und anregendsten Gesprächspartnerinnen, die man sich wünschen kann. Mit wem sonst sollte ein kleiner Flug auf dem Teppich neue Horizonte öffnen?
Schon Anfang 2023, als ich die Replik zum ersten Mal in der Restaurierungswerkstatt des Museums gesehen hatte, musste ich A. von meiner Begeisterung für das Projekt erzählen. Und ja: auch sie war dem gesamten Projekt gegenüber anfangs skeptisch. Nun sitzen wir zusammen und der Teppich liegt vor uns. Mit dem Betrachten und Anfassen, ein wenig wohl auch um zu erfahren, was mich denn nun so sehr daran fasziniert, vertiefen wir gemeinsam, was wir über den Teppich wissen, sehen Bilder von der Replik und vom Original im Museum für Islamische Kunst.
Was soll denn nun aber geschehen, was ich denn damit vorhabe. Eigentlich das, was wir gerade tun: darüber sprechen, versuche ich vorsichtig. Wir drehen einige Kreise über die Fragen, wer sich an diesem Projekt denn beteiligen würde, wen interessiere, was dabei herauskomme, ... Aber ja: Auf dem Wohnzimmerteppich von A. fügt er sich fremd und doch harmonisch ein. Nun mischen sich Faszination und Fantasie mehr und mehr in unser Gespräch.
Wo denn eigentlich der Drache sei - nein, auf diesem Fragment ist er nicht zu sehen, aber man könnte die Muster doch ringsum 'weitermalen', wie das Muster aus China nach Mittelasien, wie der Teppich nach Europa gekommen sei - plötzlich ist die Faszination greifbar: diese exotische Bildsprache, die große handwerkliche Kunst - nicht zuletzt die schiere Größe... Wir erleben sie - Dank des kulturellen Austauschs quer durch Eurasien und über verschiedene religiöse Prägungen hinweg.
Da lebe doch ein Paar im Ort - Kunsthistorikerin und Lehrer. Er könne doch mit seinen Schülerinnen und Schülern vielleicht ... und sie würde sich doch sicher interessieren, die Geschichte sei ja spannend.
Ich lasse den 'fliegenden Teppich' zum Angewöhnen bei A. auf ihrem Wohnzimmerteppich liegen. Wir sehen uns in Kürze wieder, sie wird ihn mir dann zurückgeben.
Nach ein paar Tagen berichtet A. am Telefon, sie habe geträumt, sie stelle sich vor, wie auf dem Teppich getanzt worden sei - ihr fehle nur das Bild für die in die geträumte historische Situation passenden Schuhe. Wir bedienen uns bekannter Klischees über üppige Feste im „früheren Orient“ - schade, wie wenig wir darüber wirklich wissen. Wir schweifen ab in mitteleuropäische Burgen und Schlösser, die Zeiten verschwimmen ...
Das genannte Paar sei bei ihr gewesen und sie habe zunächst heftige Ablehnung erlebt. Nach und nach sei dann aber doch vorsichtig die Neugier wach geworden. Der fliegende Teppich sei wie ein Spiegel, sagt A.: er zeige die Menschen, wie sie gerade sind. Wir überlegen, wie wir daran anknüpfen können. Aber die beiden hätten sowieso gerade gar keine Zeit ... Wie gut, dass das Projekt eine lange Laufzeit hat.
Am Freitagabend saß A. in ihrem Dorf im Kreis der 'alten Frauen', die sich regelmäßig zum Stricken treffen. Gefühlt schon immer stricken die Frauen Freitag abends. Heute ist es heiß und stickig, die Hände schwitzen an der Wolle. Ob nicht jemand eine schöne Geschichte erzählen könne, die müsse ja auch nicht wahr sein.
A. erzählt vom Drachenteppich, von der Beschädigung im Tresorraum im Krieg, von der Replik und dem ganzen Projekt. Die Frauen stricken und hören. Warum sie denn das Stück nicht mitgebracht habe?
Das Projekt des Museums für Islamische Kunst "CulturalxCollabs - Weaving the Future" feiert die transformative Kraft des kulturellen Austauschs und die gesellschaftlichen Verflechtungen, die uns alle vereinen. Alles, was wir lieben, geliebt haben und jemals lieben werden, stammt aus kulturellem Austausch, Migration und Vielfalt, oder wie wir es gerne nennen, #CulturalxCollabs.
100 Teppichfragmente, aus einer Replik des ikonischen Drachenteppichs geschnitten, werden die Welt bereisen (unterwegs mit DHL). Mit Hilfe der Collab-er werden die Fragmente #CulturalxCollabs bereichern, menschlichen Einfallsreichtum inspirieren, Gemeinschaft fördern und letztendlich zeigen, wie kultureller Austausch all unsere Leben bereichert.
Folg #CulturalxCollabs auf Instagram und erleb wie sich das Projekt entfaltet...
Begleite uns auf eine Reise mit 100 Teppichfragmenten, die dreieinhalb Jahre lang rund um die Welt reisen, vorübergehende Zuhause finden und dabei kulturelle Grenzen überbrücken. Vereint durch die Kraft persönlicher Geschichten fördern die Fragmente eine weltweite Gemeinschaft.
"CulturalxCollabs - Weaving the Future" - 1 Projekt, 100 Teppichfragmente. Folge ihrer Reise mit den immer wieder wechselnden Besitzer:innen innerhalb der nächsten 3,5 Jahre.
Ein kaukasischer Drachenteppich aus dem 17. Jh. - der Star des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Projekts. Aber wo ist der Drachen eigentlich?