2752578__2.jpgErnst Herzfeld: Privathäuser, Stuck, Haus XII, T-Saal, 1911-1913. Glasnegativ, 13 x 18 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 445

Samarra Revisited - Abgleichen

Welche Hilfsmittel gibt es für die Einordnung der Motive?

Das Museum für Islamische Kunst digitalisierte im letzten Jahr die Glas- und Kunststoffnegative sowie Diapositive der zwei Ausgrabungskampagnen des Museums in Samarra (heute: Irak) in den Jahren 1911-13.

In der Ausstellung Samarra Revisited wurden nun erstmals alle ca. 1.500 erhaltenen Aufnahmen zugänglich gemacht. Selbst den Museumsmitarbeiter:innen war der Bestand daher nicht vollständig bekannt.

So entstand die Idee, jetzige und ehemalige Mitarbeiter:innen zu bitten, sich die Digitalisate einmal genauer anzuschauen. 24 Teilnehmende wählten fünf Aufnahmen aus Samarra, die Berührungspunkte zu ihren Arbeitsgebieten haben. Das jeweilige kommentierte „Lieblingsfoto“ finden Sie als Digitaldruck in der Ausstellung. Alle weiteren ausgewählten Digitalisate und die Begründung für deren Wahl sind in der Medienstation abrufbar.

Diese Auswahl zeigt das breite Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten von Grabungsfotografien: Sie helfen Archäolog:innen und Provenienzforscher:innen, Funde zu verorten - ERFORSCHEN. Sie zeigen, dass sich Grabungsfotograf:innen früher wie heute bemühen, einen Abgleich ihrer Aufnahme mit dem Original zu erlauben - ABGLEICHEN. Da die fotografierten Fundsituationen durch die Ausgrabungsarbeiten für immer verloren gehen, ist die Bedeutung der Fotografie nicht zu unterschätzen! Die Fotos dienen aber auch als Anknüpfungspunkte an aktuelle gesellschaftliche Diskurse - HINTERFRAGEN. Sie erfreuen und inspirieren - FREUEN. Nicht zuletzt dokumentieren die hier gezeigten Fotos einen herausragenden Fundplatz der islamischen Archäologie, der bis heute nichts an seinem Reiz eingebüßt hat - VERORTEN.

Chrstian Krug, Fotograf

"Gerade die Landschaftsaufnahmen zeigen, wie wichtig ein Maßstab im Bild ist. Wie hier sind es meist Grabungshelfer, die als Maßstab dienen. Ohne sie fällt es schwer, die Dimensionen richtig einzuschätzen. Hier könnte man auch auf ein Gebirge schauen."

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Ernst Herzfeld: Qadisiyya, Umfassungsmauer, 1911-1913. Glasnegativ, 13 x 18 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 284

Maßstäbe

Mir ist gerade bei den Landschaftsaufnahmen der Umgebung aufgefallen, wie wichtig ein Maßstab im Bild ist. In diesen, wie in vielen anderen Fällen sind es meist Arbeiter der Ausgrabungen, die als Maßstab „drapiert“ werden.

Da uns geläufige Anhaltspunkte auf den Fotos fehlen (z.B. Vegetation) und sich die Landschaft sehr von der hiesigen in Deutschland unterschiedet, fällt es sehr schwer die Dimensionen einzuschätzen.

Stephanie Fischer, Restauratorin

"Hier sieht man am unteren Bildrand eine Farbtonkarte. Die gerade erst entwickelte Farbfotografie wurde in Samarra zur Dokumentation von Grabungsfunden eingesetzt. Genau wie heute wurde Wert auf eine korrekte Farbwiedergabe gelegt."

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Ernst Herzfeld: Prähistorische Keramik, 1911-1913. Diapositiv (Glas), 18 x 24 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam XX.1

Abformtechnik

Ein Bild zeigt einen Negativabdruck eines Stuckfeldes mit Resten originalen Stuckes auf der Innenseite. Dies kann eine Abklebung zum Schutz der Oberfläche sein, oder eine Negativform für einen Abguss. Das Problem der Scheidung zwischen Original und Abguss beschäftigt uns bei der Untersuchung der Samarra-Stucke weiterhin. Die Aufnahmen liefern dabei wichtige Indizien zu den verwendeten Techniken.

Das zweite Bild zeigt eine Oberflächenkaschierung noch vor Abnahme von der Wand, die Funktion ist ebenfalls unklar.

Andrea Becker, Archäologin

Auf vielen Grabungsfotos sind Menschen zu sehen, die manchmal als Maßstäbe fungieren. Aber auch Tiere sind beliebte Maßstäbe – Pferde mit und ohne Reiter, Esel oder auch der Grabungshund, der hier die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht.

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Ernst Herzfeld: Dschausaq, Sardab, Raum zwischen Innenhof und Sardab, 1911-1913. Glasnegativ, 13 x 18 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 201

Der Mensch ist das Maß aller Dinge – oder?

Unter den Grabungsfotos finden sich viele mit kleinen und großen, alten und jungen Menschen. In manchen Fällen fungieren sie dann regelrecht als Maßstäbe für ein Gebäude, einen Raum oder auch nur für eine Mauer.

Aber auch andere Dinge kommen als Maßstäbe zum Einsatz: Tiere sind beliebt – Pferde mit und ohne Reiter, Esel oder auch der Grabungshund. Eine Werkzeugkiste, Mäntel und Schuhe drängen die konventionellen Nivellierlatten, Fluchtstäbe und Zollstöcke ganz in den Hintergrund!

Story zur Sonderausstellung "Samarra Revisited"