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Dies ist ein Fragment des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Teppichs.
Mit dem Fragment folgen wir der Reise der Besitzer:innen und ihrer Collabs. Sie entdecken und experimentieren mit gesellschaftlich relevanten Themen, die sie auf kreative Weise vorantreiben.
Hier stellen wir Euch das Fragment vor, so wie wir es auf seine dreieinhalbjährige Reise schicken.
Folg dieser Story und erleb die Transformation des Fragments im Laufe der Jahre...
Fragment #35 erreichte meine Heimatstadt Karatschi kurz vor meiner eigenen Ankunft aus Berlin.
Wir brachten #35 auf das Dach (27. Stock) des Gebäudes eines meiner Verwandten, um dem Fragment einen Panoramablick auf die Stadt zu geben, bevor wir unsere gemeinsame Reise nach Sindh begannen.
Meine Geschichte beginnt im Jahr 2016, als ich zum ersten Mal die Gelegenheit hatte, nach Sindh zu reisen, Zeit mit den Einheimischen zu verbringen und ein Teil ihrer Feierlichkeiten zu werden. Was ich aus erster Hand miterlebte, veränderte meine Wahrnehmung für immer und als ich Fragment #35 erhielt, wusste ich sofort, was ich tun wollte. Mit dem Drachenteppich im Gepäck beschloss ich, den Ort zu besuchen, der mich noch immer inspiriert.
Sindh ist eine der unterentwickeltsten, aber religiös vielfältigsten und tolerantesten Provinzen Pakistans. Um die Bedeutung dieses Landes zu verstehen, müssen wir ein wenig zurückgehen. Sindh ist der Geburtsort einer der frühesten städtischen Zivilisationen der Welt, deren Lebensader der Fluss Indus war. Die Indus-Tal-Zivilisation blühte um 2500 v. Chr. in diesem Gebiet auf, also vor mehr als 4500 Jahren! Historisch gesehen war der Indus eine wichtige Handelsroute, die den Verkehr von Menschen, Waren und Ideen aus verschiedenen anderen Zivilisationen der damaligen Zeit erleichterte. Dieser ständige Austausch trug zur reichen kulturellen und religiösen Vielfalt der Region bei. Doch der Einfluss blieb nicht in der Vergangenheit stehen. Die Menschen in diesem Land halten auch heute noch jahrhundertealte Traditionen, Kulturen und Werte aufrecht. Ich habe noch nie einen Ort besucht, an dem die Menschen großzügiger und gastfreundlicher sind.
Mit der Ankunft des Islam entwickelte sich auch der Sufismus in Sindh und blühte auf. Die Sufi-Praktiken hier wurden absorbiert, transformiert und brachten einzigartige spirituelle und kulturelle Praktiken hervor, die die lokalen Bräuche ehrten und mit ihnen verschmolzen. Tausende von Sufi-Heiligen und Derwischen predigten über Jahrhunderte hinweg über Spiritualität, Liebe und Frieden, und bis heute ist diese Region ein Symbol für religiösen Pluralismus und ethnische Vielfalt. Der wohl bekannteste dieser Sufi-Heiligen ist "Lal Shahbaz Qalander“.
Der Schrein von „Lal Shahbaz Qalander“ in der Stadt Sehwan in Sindh, Pakistan, zieht jedes Jahr Millionen von Pilgern an. Unter den Pilgern findet man Frauen, Männer, Transgender und Kinder, die ihre schiitische, sunnitische oder hinduistische Identität hinter sich lassen und sich gemeinsam auf die persönliche spirituelle Suche nach Frieden begeben.
Lal - wegen der roten Kleidung, die er trug,
Shahbaz - der Spitzname, den er von seinem Mentor erhielt und
Qalander - ein Titel für Sufi-Heilige
In der oft politisch aufgeladenen und religiös motivierten Atmosphäre des Landes steht der Schrein von „Lal Shahbaz Qalander“ für eine räumlich und zeitlich begrenzte Erfahrung von Freiheit. Dhamaal, das Drehen der pakistanischen Sufis und Fakire, ist ein farbenfrohes Schauspiel und Ausdruck dieser Glaubensüberzeugungen. Im Innenhof des Schreins von "Lal Shahbaz Qalandar" tanzen Frauen neben Männern, Hindus neben Muslimen.
Im Jahr 2017 gab es an diesem Sufi-Schrein einen Selbstmordanschlag, zu dem sich der IS bekannte. Der Vorfall war eine deutliche Erinnerung an alles, was in der Welt falsch läuft. Der Anschlag ereignete sich in der Nacht, in der sich Hunderte von Pilgern versammelt hatten, um an dem abendlichen Dhamaal-Ritual teilzunehmen. Viele der Opfer waren Frauen und Kinder.
Als Zeichen der Solidarität und des Trotzes erlaubten die Wächter des Heiligtums nur wenige Stunden nach dem Anschlag die Fortsetzung des Dhamaal. Das Ritual wurde zu Ehren der Opfer und zur Verbreitung der Botschaft der Sufi-Heiligen von Liebe und Toleranz durchgeführt. Das Dhamaal-Ritual wird am Schrein von "Lal Shahbaz Qalander" bis heute jeden Donnerstagabend durchgeführt.
Es waren die Kraft und die Faszination dieses Ortes, die mich im Jahr 2024 hierher zurückbrachten, als ich mich an mein Fragment vom Drachenteppich klammerte, der sich weigerte, sein Schicksal vom Terror bestimmen zu lassen. Ich setzte mich auf den kühlen Marmorboden und wurde bald darauf von einer Frau mit einem Ständchen begrüßt, die die beliebteste Sufi-Hymne „Dama Dam Mast Qalander“ sang, die "Lal Shahbaz Qalandar" gewidmet war.
Das Projekt des Museums für Islamische Kunst "CulturalxCollabs - Weaving the Future" feiert die transformative Kraft des kulturellen Austauschs und die gesellschaftlichen Verflechtungen, die uns alle vereinen. Alles, was wir lieben, geliebt haben und jemals lieben werden, stammt aus kulturellem Austausch, Migration und Vielfalt, oder wie wir es gerne nennen, #CulturalxCollabs.
100 Teppichfragmente, aus einer Replik des ikonischen Drachenteppichs geschnitten, werden die Welt bereisen (unterwegs mit DHL). Mit Hilfe der Collab-er werden die Fragmente #CulturalxCollabs bereichern, menschlichen Einfallsreichtum inspirieren, Gemeinschaft fördern und letztendlich zeigen, wie kultureller Austausch all unsere Leben bereichert.
Folg #CulturalxCollabs auf Instagram und erleb wie sich das Projekt entfaltet...
Begleite uns auf eine Reise mit 100 Teppichfragmenten, die dreieinhalb Jahre lang rund um die Welt reisen, vorübergehende Zuhause finden und dabei kulturelle Grenzen überbrücken. Vereint durch die Kraft persönlicher Geschichten fördern die Fragmente eine weltweite Gemeinschaft.
"CulturalxCollabs - Weaving the Future" - 1 Projekt, 100 Teppichfragmente. Folge ihrer Reise mit den immer wieder wechselnden Besitzer:innen innerhalb der nächsten 3,5 Jahre.
Ein kaukasischer Drachenteppich aus dem 17. Jh. - der Star des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Projekts. Aber wo ist der Drachen eigentlich?