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Teppiche gehören zu den wertvollsten Objekten in der Sammlung des Museums für Islamische Kunst.
Wussten Sie, dass es eine Zeit gab, in der Teppiche aus der islamisch geprägten Welt in Europa als die Crème de la Crème der Luxuskunst galten? Wir sprechen vom späten 13. Jahrhundert. Diese Teppiche waren sehr gefragt und wurden von den Europäer:innen importiert und über 800 Jahre lang gesammelt.
Kaum eine andere Kunstgattung außerhalb Europas wurde so kontinuierlich bewundert und geschätzt wie die der Teppiche. Sie schmückten Wände und Tische und wurden oft in italienischen Gemälden abgebildet - diese Teppiche waren überall zu finden. Durch ihren Besitz und ihre Präsentation demonstrierten Teppiche den Reichtum, das Prestige und den guten Geschmack ihres Besitzers. Viele Exemplare sind heute noch in den erhaltenen Sammlungen wohlhabender Adelsfamilien wie den Medici in Florenz oder den Königshäusern von Portugal und England zu finden.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die islamische Kunstgeschichte zu einem eigenständigen Fachgebiet und warf ein neues Licht auf diese bemerkenswerten Teppiche. Die Teppiche wurden nicht mehr nur als Bodenbelag betrachtet, sondern als reine Kunstwerke verehrt, die die Herzen wohlhabender Kunstliebhaber:innen eroberten und ihren Weg in private Salons und angesehene Museen in aller Welt fanden.
Als diese Teppiche ihren Weg in die Museen fanden, vollzog sich ein Wandel. Aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst, dienten sie nicht mehr ihrem eigentlichen Zweck als funktionale Bodenbeläge. Stattdessen wurden sie an die Wände gehängt, wo sie die ungeteilte Aufmerksamkeit der Betrachter:innen auf sich zogen und ihre Schönheit als Kunstobjekte offenbarten. Die leuchtenden Farben und Muster schufen ein lebendiges Schauspiel im Ausstellungsraum. Indem man Teppiche wie Gemälde an die Wand hängte, stieg ihre Rezeption als Kunstwerke, die es zu studieren und zu bewahren galt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Teppiche fragil sind und vor verschiedenen Faktoren geschützt werden müssen, die Schäden verursachen können, wie Temperaturschwankungen, Luftverschmutzung, zu viel Licht oder Diebstahl. Die Konservierung schützt sie vor diesen und anderen Einflüssen, aber wenn ein Objekt irreparabel beschädigt ist, muss ein ernsthaftes Konservierungs- oder Restaurierungskonzept entwickelt werden.
Doch wie kommt es zu diesem Entscheidungsprozess?
Wir werfen einen Blick auf die Geschichte der Teppichrestaurierung im Museum für Islamische Kunst, um zu verstehen, was hinter den Kulissen vor sich geht.
Für einen Laien werden die Begriffe Konservierung und Restaurierung oft synonym verwendet. Doch es gibt einige Unterschiede zwischen beiden Techniken, die sie voneinander trennen. Konservierung und Restaurierung haben das gemeinsame Ziel, ein Kunstwerk zu erhalten, unterscheiden sich jedoch in ihren Ansätzen und Zielen. Bei der Konservierung steht die Erhaltung und Verhinderung weiterer Verschlechterung im Vordergrund, während bei der Restaurierung aktive Reparatur und Rekonstruktion im Vordergrund stehen, um ein Kunstwerk wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Für beide Maßnahmen werden die Spuren der Vergangenheit unter anderem durch naturwissenschaftliche, kunsttechnologische und kunsthistorische Untersuchungen entschlüsselt. Sie liefern Informationen über den Zustand des Kunstwerks, sein Material, seine Herstellung, Herkunft und Verwendung, also seine Geschichte.
Die Durchführung einer Handlung sollte immer einer ethischen Verpflichtung folgen: Bin ich fähig, dies zu tun? Tue ich genug?
...sahen sich die Mitarbeiter:innen des Museums mit den verheerenden Zerstörungen ihrer Sammlung konfrontiert. Mehr als siebzehn Teppiche wurden bei der Bombardierung der Berliner Münze am 11. März 1945 fast vollständig zerstört. Mizi Donner war damals 70 Jahre alt und arbeitete als Restauratorin im Museum. Durch ihren unermüdlichen Einsatz gelang es ihr, einen Hoffnungsschimmer wiederherzustellen und die Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren.
Man schrieb das Jahr 1948, und ganze zwei Jahre lang machte sich Mizi Donner daran, den als „I.1“ bekannten Teppich zu retten. Sie restaurierte den Teppich anhand eines einfachen Schwarz-Weiß-Fotos, das ihr als Vorlage diente. Dank des gespiegelten Musters konnte sie beide Seiten des Teppichs verwenden, um zerstörte Stellen zu ersetzen. In mühsamer Kleinarbeit setzte sie den Teppich wieder zusammen, bis zumindest ein Viertel erkennbar war. Die Flicken und geflickten Stellen sind immer noch sichtbar. Ihre Arbeit und ihr Einsatz haben eines der wichtigsten Kunstwerke der Berliner Sammlung gerettet.
Der persische Tierteppich, bekannt als „I.1“, nimmt einen bedeutenden Platz in der Geschichte des Museums für Islamische Kunst ein. Er war das erste Objekt, das bei der Gründung des Museums im Jahr 1904 inventarisiert wurde. In der Teppichforschung von Wilhelm von Bode nahm dieser Teppich eine besondere Stellung ein, da er zu einem Schwerpunkt seiner Studien wurde. Der Teppich, den Bode 1891 erworben hatte, stammte vermutlich aus einer genuesischen Synagoge.
Bode hatte sich in seinem bahnbrechenden Aufsatz über die Teppichsammlung auf diesen Teppich konzentriert, was seinen Ruhm festigte und einen visuellen Beweis für seinen Zustand zu Beginn des 20. Jahrhunderts lieferte.
Der weißgrundige nordwestpersische Tierteppich (I.1), der vielleicht berühmteste Teppich der Sammlung, verbrannte fast vollständig, als eine Brandbombe das Lager traf, in dem die Teppiche zur Sicherheit aufbewahrt wurden. Mizi Donner, die als ehemalige Handarbeitslehrerin am Wiener Hof über umfangreiche Erfahrungen verfügt, rekonstruierte den Teppich akribisch aus den Resten, die das Feuer überstanden hatten.
Das erhaltene Fragment steht für die Ursprünge der Berliner Teppichsammlung, für die traumatischen Kriegsverluste und für den Wunsch nach einem Neuanfang. Keine vollständige Restaurierung, sondern nach bestem Wissen und Gewissen hat Donner den berühmten Tierteppich aus seinen kläglichen Resten wiederhergestellt. Um seine vielfältigen Muster zu rekonstruieren, wurden die Kraniche, Panther, Huftiere, Bäume und Blumen aus den erhaltenen Resten zusammengenäht, ausgestopft und geflickt, sowohl spiegelbildlich, auf dem Kopf stehend, um 180° gedreht und auch von hinten nach vorne. Auf diese Weise konnte ein Viertel des ursprünglichen Teppichs rekonstruiert werden.
Heute ist der Teppich ein Symbol für die Berliner Sammlung und die Teppichforschung.
Auch der Kaukasische Drachenteppich wurde zusammen mit dem Bode-Tierteppich im Tresorraum der Berliner Münze gelagert, als dieser 1945 von einer Brandbombe getroffen wurde. Die Flammen fraßen sich von der Außenseite des gerollten Teppichs nach innen. Die Verluste sind daher in den Abschnitten am größten, die dem Feuer zuerst zugänglich waren.
Die Versuche, die verkohlten Reste des Drachenteppichs zu konservieren, begannen kurz vor dem 100-jährigen Bestehen des Museums. Die Restaurator:innen wollten die Geschichte des Museums veranschaulichen, indem sie die Zerstörungen des Krieges zeigen. Aus diesem Grund wurden die fehlenden Stellen nicht durch einen passenden Wollstoff ersetzt. Die Konservierungsmaßnahmen betonen bewusst die Brandschäden des Drachenteppichs. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Museums im Jahr 2004 wurde der Drachenteppich zum ersten Mal seit seiner Zerstörung wieder ausgestellt. Er steht als Mahnmal für die Verluste, die die Sammlung im Zweiten Weltkrieg erlitten hat.
Die umfangreichen Schäden mit zahlreichen fehlenden Teilen des Teppichs stellten eine große Herausforderung für die erfahrenen Restaurator:innen dar. Der einzige Anhaltspunkt für die ursprüngliche Größe und das Aussehen des verbrannten Teppichs war eine Fotomontage. Die Fotomontage aus zwei Schwarz-Weiß-Bildern stammte aus der Zeit um 1900. Diese Bilder waren wie ein Fenster in die Vergangenheit, und die Restaurator:innen stützten sich bei ihren Bemühungen, die Fragmente zu erhalten und zu restaurieren, stark auf diesen wertvollen Fund. Es war ein unschätzbares Hilfsmittel, das es ihnen ermöglichte, das Puzzel zusammenzusetzen und die verbrannten Teppichfragmente im Jahr 2004 zu konservieren.
Die Restaurator:innen des Museums geben einen einzigartigen Einblick in ihren spannenden Arbeitsalltag.
Die „Hüter der Teppiche“ in unserem Museum sorgen dafür, dass die Teppiche geschützt, gut gepflegt und für künftige Generationen erhalten werden. Während das Museum für Islamische Kunst wegen Renovierungsarbeiten vorübergehend geschlossen ist, haben die Restaurator:innen die einmalige Gelegenheit, die Teppiche, die seit Jahren in den Ausstellungsräumen hingen, noch einmal eingehend zu untersuchen, zu restaurieren und zu konservieren. Durch diese akribische Pflege sichern sie ein jahrhundertealtes Kunst- und Kulturerbe.
Tauche ein in die reiche Geschichte unserer Berliner Teppichsammlung.
Ein kaukasischer Drachenteppich aus dem 17. Jh. - der Star des "CulturalxCollabs - Weaving the Future" Projekts. Aber wo ist der Drachen eigentlich?
Begleite uns auf eine Reise mit 100 Teppichfragmenten, die dreieinhalb Jahre lang rund um die Welt reisen, vorübergehende Zuhause finden und dabei kulturelle Grenzen überbrücken. Vereint durch die Kraft persönlicher Geschichten fördern die Fragmente eine weltweite Gemeinschaft.
Ein Einblick in die Prozesse hinter dem Abbau der Teppichexponate im Museum für Islamische Kunst.