2769689__2.jpgErnst Herzfeld: Große Moschee, 1911-1913. Diapositiv (Glas), 8,5 x 10 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Dia Sam 71

Erfreut, wer sie sieht!

Hauptstadt eines Weltreiches auf Zeit

Historischer Hintergrund

Im Jahre 762 wurde Bagdad als Hauptstadt der Dynastie der Abbasiden (749-1258) gegründet. Der Irak entwickelte sich zum Drehkreuz internationalen Handels mit politischen Kontakten zum Hof der chinesischen und byzantinischen Kaiser sowie dem Karls des Großen. Kultur und Wissenschaft erlebten eine große Blütezeit mit Übersetzungen antiker Werke und nachhaltigen Leistungen in der Geographie, Philosophie, Medizin, Astronomie und Mathematik. Kulturelle und wissenschaftliche Entwicklungen der Zeit sind auch für die Geschichte Europas von entscheidender Bedeutung. Mit der Zerstörung Bagdads 1258 durch die Mongolen fanden die Abbasiden ihr Ende.

Das Abbasidenreich

Die rund 125 km nördlich von Bagdad gelegene Stadt Samarra im Irak gehört zu den überragenden Orten der islamischen Kunstgeschichte und Archäologie. Sie diente zwischen 836 und 892 als zeitweiliger Regierungssitz der abbasidischen Kalifen und löste in dieser Zeit die eigentliche Hauptstadt Bagdad ab.

Samarra - Die Stadt

Samarra, oder offiziell Surra man ra´a (Arabisch für "Erfreut, wer sie sieht"), entwickelte sich in zwei wichtigen Bauphasen als gigantische Stadtanlage von über 150 km² entlang des Tigris. Im ihrem Mittelpunkt stand der über den Fluss angelegte 175 Hektar große Kalifenpalast, bestehend aus einer Folge von Höfen, Thronsälen und Wohnräumen mit ausgedehnten Gartenanlagen, Jagdgehegen, Polospielfeldern sowie Pferderennbahnen. Die Ausmaße der Bauprojekte werden am Beispiel der Großen Moschee deutlich. Das Gebäude soll 100.000 Menschen Platz geboten haben, war so groß wie 2,5 Fußballfelder und von einer Umfassungsmauer von 376 m x 444 m umgeben.

Samarra - Hauptstadt eines Weltreiches auf Zeit - gehört zum UNESCO Weltkulturerbe.

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Ernst Herzfeld: Moderne Stadt, schiitische Heiligtümer, 1911-1913. Glasnegativ, 13 x 18 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 371

Ausgraben in Samarra

In Samarra fanden unter der Leitung des Museumsdirektors Friedrich Sarre (1865-1945) und dem Archäologen Ernst Herzfeld (1879-1948) zwischen 1911 und 1913 die ersten systematischen Ausgrabungen eines islamischen Fundplatzes statt.

Ernst Herzfeld leitete als Archäologe die Ausgrabungsarbeiten auf dem über 50 km² großen Ruinenfeld, einem der größten der Welt. Schaul ibn Salman (gest. 1923) verantwortete als Grabungssekretär die Logistik und Finanzverwaltung dieses Großprojekts. Aus Hillah im Irak stammend verfügte er über die notwendigen Netzwerke und Kontakte vor Ort.

Herzfeld koordinierte zeitweise bis zu 300 Mitarbeiter:innen, teils geschulte Vorarbeiter aus Hillah, teils ungeschulte Arbeiter:innen aus der Umgebung. Ihren Lohn verzeichnete er namentlich in den Rechnungsbüchern und porträtierte einige von ihnen.

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Ernst Herzfeld: Grabung im Dschausaq, Harem, Kuppelumgang, 1911-1913. Kunststoffnegativ, 7 x 11,4 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 1019

Miriam Kühn, Kunsthistorikerin

"Ernst Herzfeld ist der Fotograf aller Grabungsfotos. Sein Blick auf Menschen, Funde, Architektur und Landschaft prägt die Grabungsdokumentation von Samarra. Als Fotograf sieht man ihn normalerweise nicht auf den Fotos, hier nur als Schatten." 

Dokumentation

Die Dokumentation des Grabungsalltags scheint Herzfeld ein Anliegen gewesen zu sein. Neben Fotografien von Architektur und Funden, dokumentierte er auf einigen Fotos auch die harte körperliche Arbeit der Grabungsmitarbeiter:innen.

Herzfeld organisierte nicht nur die Arbeit, sondern fotografierte, zeichnete und führte Grabungstage- und Fundbücher allein. Heute und auch auf damals vergleichbar bedeutenden Ausgrabungen wäre dafür ein ganzes Team angestellt worden.

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Samarra digitalisieren

Erstmals sind nun alle ca. 1.500 erhaltenen Glas- und Kunststoffnegative sowie Diapositive der zwei Ausgrabungskampagnen online zugänglich.

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Stimmen und Erinnerungen an Samarra

Diverse Stimmen aus und zu Samarra die ihre Erinnerungen und ihr Wissen darüber mit uns teilen.

Ernst Herzfeld: Große Moschee, Südfront, 1911, Glasnegativ, 13 x 18 cm, Museum für Islamische Kunst, Inv. Nr. Pl. Sam 307

Blau hat Charme!

Unsere Museums-Hunde Farha und Komm auch ;-) Bunte Hunde und Blaue Fotos

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