unsichtbar.jpgUnfinished sculpture with the image of Nefertiti, Amarna period (ca. 1350 B.C.) © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung; Illustration: Katja Böhlau

un:sichtbar

Ausstellungen machen Werke erlebbar. Doch Museen sind weit mehr, als das, was sichtbar ist. In Depots lagern viele Objekte, die nur selten oder nie in Ausstellungen gelangen. Auch manches Fragment gehört dazu.

Hinter den "Un:worten" stehen Geschichten, die Fragen um Zerteilung und Ergänzung, Bewahren und Zerstören, Erinnerung und Vergessen vertiefen. Entstanden sind sie im Rahmen der Sonderausstellung In:complete. Zerstört Zerteilt Ergänzt, zu sehen in der Kunstbibliothek (30.09.2022 bis 15.01.2023). Diese vereint Exponate aus 23 musealen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von der Prähistorie bis in die Gegenwart.

un:sicher Wie kann das Museum seine Kunstwerke vor Zerstörung bewahren? un:wichtig Was sammelt ein Museum und wie bewahrt es die Objekte für zukünftige Generationen? un:echt Gibt es im Museum nur Meisterwerke und authentische Zeugnisse der Vergangenheit zu sehen? un:sichtbar Wann gilt ein Kunstwerk als vollendet? un:brauchbar Was macht das Sammeln aus den Objekten und nach welchen Kriterien erfolgt ihre Musealisierung? un:vergesslich Wie verstehen wir Kunst im Zeitalter ihrer Reproduzierbarkeit?

Fundstücke

Das linke obere Stück dieses Reliefs fehlt ganz offensichtlich. Doch das Profil eines nach links gewandten Kopfes samt Kopfbedeckung ist zu deutlich zu erkennen. Der schlank gestaltete Hals führt zu einem nicht ganz ausgeformten Schulterbereich. Das verweist darauf, dass wir es mit einer unvollständigen Bildhauerstudie zu tun haben. Diese wurde während der Ausgrabungen Anfang des 20. Jhd. in Tell el-Amarna (Ägypten) gefunden, bei denen auch die weltberühmte Büste der Nofretete entdeckt wurde. Anhand der charakteristischen Kopfbedeckung ist anzunehmen, dass auch dieses Relief die Königin Nofretete zeigt.

Bildhauerstudie_Nofretete
Unfinished sculpture study of Nefertiti © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Foto: Tzulia Angos
csm_4_nofretete_praesentation_ee7d6cfaaf.jpgBust of Nefertiti in the North Dome Hall of the Neues Museum © Staatliche Museen zu Berlin, photo: David von Becker

Stars und Sternchen

Die bunte Büste der Nofretete ist der Star des Neuen Museums. Seit 2009 ist sie dort im Nordkuppelsaal zu sehen. Andere Grabungsfunde, wie das unvollendete Relief sind nicht immer ausgestellt, sondern lagern die meiste Zeit im Depot. Im Rahmen der Sonderausstellung "Im Licht von Amarna" 2012 zum 100-jährigen Jubiläum der Ausgrabungen wurde der Umfang deutlicher.

Versteckt

Im Depot ...

lagern all jene Objekte und Werke, die zu einer Sammlung gehören. Manches wird hier im verborgenen bewahrt und harrt seiner Entdeckung. In vielen Sammlungen gibt es größere Konvolute und Nachlässe, die Schaffensprozesse und Entwicklungen nachvollziehbar werden lassen. Doch werden oft nur ausgewählte Objekte präsentiert. Im Depot gibt es jedoch unzählige mehr.

Vorstudien, unfertige Werke oder beschädigte Objekte gehören dazu. Manches kann aus konservatorischen Gründen nicht gezeigt werden, anderes ist für Ausstellungen nicht von Interesse.

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View into the depot, Museum für Fotografie © Staatliche Museen zu Berlin

In manchen Fällen führt gerade auch die Fragmentierung dazu, dass ein Objekt im Depot verbleibt. Wie in diesem Beispiel …

Ein kleiner Teil ...

... eines großen Bildes

Nurmehr knapp 20 mal 20 Zentimeter misst das Fragment aus dem einst überlebensgroßen Bildnis des polnischen Königs August III. (1696–1763) von Louis de Silvestre.

Alte Aufnahmen vermitteln uns, wie das Bild einmal ausgesehen hat. Das kleine Leinwandstück zeigt einen Ausschnitt des Krönungsmantels mit Hermelinfell.

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Louis de Silvestre, Portrait of the Polish King August III (1696-1763) (fragment), after 1733, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin, photo: Dietmar Gunne

Eine abenteuerliche Geschichte

Während des 2. Weltkrieges hatte das Gemälde bereits einigen Schaden genommen. 1947 fiel es dann zudem einem Diebstahl im sogenannten Italienerdepot zum Opfer, bei dem der Kopf und wahrscheinlich auch ein Teil des Oberkörpers aus der Leinwand herausgeschnitten wurden. Im Zuge einer Revision 1960 wurde es schließlich aus dem Inventar genommen. Der nun noch erhaltene Rest wurde verwahrt und 1966 für Tests in der Restaurierungswerkstatt verwendet. Dabei kam es erneut zur Zerteilung. Schnittspuren auf dem kleinen Leinwandfragment deuten außerdem auf die Verwendung zu kriminaltechnischen Versuchen hin.

Vollständig erhalten geblieben ist hingegen der monumentale Originalrahmen.

polnischer König mit Rahmen.jpg
Reconstruction with original frame and historical photograph, photomontage: Antonia Nestler

Lässt sich im Falle des kleinen Gemäldefragments ganz deutlich sagen, dass es sich um ein unvollständiges Objekt handelt, so ist das in anderen weniger eindeutig.

Wann ist ein Werk überhaupt fertig?

Es gibt viele unterschiedliche Gründe, warum Werke unvollendet bleiben. Manchmal ist es jedoch gar nicht so einfach zu sagen, wann etwas überhaupt fertig ist.


Fertig oder unvollendet - was meinst Du?

STORIES ZUR SONDERAUSSTELLUNG "IN:COMPLETE. ZERSTÖRT – ZERTEILT – ERGÄNZT"

un:wichtig

"Kann das weg?"

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un:brauchbar

Wer spricht hier?

Stickereistreifen von Festtagsblusen aus der Gegend um Hluk (heute Tschechische Republik) Anfang/Mitte 19. Jahrhundert © Museum Europäischer Kulturen, Staatliche Museen zu Berlin

un:sicher

Wenn Objekte im Museum zu Fragmenten werden...

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un:vergesslich

Das will ich auch!

Verkaufskatalog

un:echt

Ist im Museum alles echt?

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