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Hinter den "Un:worten" stehen Geschichten, die Fragen um Zerteilung und Ergänzung, Bewahren und Zerstören, Erinnerung und Vergessen vertiefen. Entstanden sind sie im Rahmen der Sonderausstellung In:complete. Zerstört – Zerteilt – Ergänzt, zu sehen in der Kunstbibliothek (30.09.2022 bis 15.01.2023). Diese vereint Exponate aus 23 musealen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von der Prähistorie bis in die Gegenwart.
un:sicher ♦ Wie kann das Museum seine Kunstwerke vor Zerstörung bewahren? un:wichtig ♦ Was sammelt ein Museum und wie bewahrt es die Objekte für zukünftige Generationen? un:echt ♦ Gibt es im Museum nur Meisterwerke und authentische Zeugnisse der Vergangenheit zu sehen? un:sichtbar ♦ Wann gilt ein Kunstwerk als vollendet? un:brauchbar ♦ Was macht das Sammeln aus den Objekten und nach welchen Kriterien erfolgt ihre Musealisierung? un:vergesslich ♦ Wie verstehen wir Kunst im Zeitalter ihrer Reproduzierbarkeit?
Das linke obere Stück dieses Reliefs fehlt ganz offensichtlich. Doch das Profil eines nach links gewandten Kopfes samt Kopfbedeckung ist zu deutlich zu erkennen. Der schlank gestaltete Hals führt zu einem nicht ganz ausgeformten Schulterbereich. Das verweist darauf, dass wir es mit einer unvollständigen Bildhauerstudie zu tun haben. Diese wurde während der Ausgrabungen Anfang des 20. Jhd. in Tell el-Amarna (Ägypten) gefunden, bei denen auch die weltberühmte Büste der Nofretete entdeckt wurde. Anhand der charakteristischen Kopfbedeckung ist anzunehmen, dass auch dieses Relief die Königin Nofretete zeigt.
Die bunte Büste der Nofretete ist der Star des Neuen Museums. Seit 2009 ist sie dort im Nordkuppelsaal zu sehen. Andere Grabungsfunde, wie das unvollendete Relief sind nicht immer ausgestellt, sondern lagern die meiste Zeit im Depot. Im Rahmen der Sonderausstellung "Im Licht von Amarna" 2012 zum 100-jährigen Jubiläum der Ausgrabungen wurde der Umfang deutlicher.
lagern all jene Objekte und Werke, die zu einer Sammlung gehören. Manches wird hier im verborgenen bewahrt und harrt seiner Entdeckung. In vielen Sammlungen gibt es größere Konvolute und Nachlässe, die Schaffensprozesse und Entwicklungen nachvollziehbar werden lassen. Doch werden oft nur ausgewählte Objekte präsentiert. Im Depot gibt es jedoch unzählige mehr.
Vorstudien, unfertige Werke oder beschädigte Objekte gehören dazu. Manches kann aus konservatorischen Gründen nicht gezeigt werden, anderes ist für Ausstellungen nicht von Interesse.
Nurmehr knapp 20 mal 20 Zentimeter misst das Fragment aus dem einst überlebensgroßen Bildnis des polnischen Königs August III. (1696–1763) von Louis de Silvestre.
Alte Aufnahmen vermitteln uns, wie das Bild einmal ausgesehen hat. Das kleine Leinwandstück zeigt einen Ausschnitt des Krönungsmantels mit Hermelinfell.
Während des 2. Weltkrieges hatte das Gemälde bereits einigen Schaden genommen. 1947 fiel es dann zudem einem Diebstahl im sogenannten Italienerdepot zum Opfer, bei dem der Kopf und wahrscheinlich auch ein Teil des Oberkörpers aus der Leinwand herausgeschnitten wurden. Im Zuge einer Revision 1960 wurde es schließlich aus dem Inventar genommen. Der nun noch erhaltene Rest wurde verwahrt und 1966 für Tests in der Restaurierungswerkstatt verwendet. Dabei kam es erneut zur Zerteilung. Schnittspuren auf dem kleinen Leinwandfragment deuten außerdem auf die Verwendung zu kriminaltechnischen Versuchen hin.
Vollständig erhalten geblieben ist hingegen der monumentale Originalrahmen.
Es gibt viele unterschiedliche Gründe, warum Werke unvollendet bleiben. Manchmal ist es jedoch gar nicht so einfach zu sagen, wann etwas überhaupt fertig ist.